
Unerträgliche Erfahrungen
Der Mensch kommt als unfertiges Wesen zur Welt. Ein Neugeborenes würde nur wenige Stunden überleben, wenn es keine Nahrung und Pflege erführe. Noch lange nach unserer Geburt brauchen wir einen „Mutterleib im Außen“ – ein selbstverständliches Versorgt-werden. Dies reduziert sich nicht auf auf Nahrung und Pflege, sondern wir brauchen liebevollen Hautkontakt, jemanden, der unsere Bedürfnisse versteht und erfüllt sowie wertschätzende Aufmerksamkeit.
Und all dies, ohne etwas dafür leisten zu müssen, einfach nur weil wir Kind sind, weil wir geboren wurden und all das ein Menschenrecht ist. Erhalten wir etwas davon nicht, ist das nicht einfach nur schade oder traurig, sondern es stellt tatsächlich unsere gesunde psychische und emotionale Entwicklung, nicht selten sogar unser Überleben in Frage. Tatsächlich ist immer unsere Identität davon bedroht: Wir dürfen nicht sein, wer wir wirklich sind.
Wie Hirnforscher ausführen, ist aufmerksamer und feinfühliger Kontakt für unsere Entwicklung lebensnotwendig. Wir lernen, wer wir sind, über das, was uns unsere Erziehungspersonen entgegenbringen. Wir entwickeln unsere Fähigkeiten und Talente dadurch, dass jemand sie in uns wahrnimmt und wertschätzt. Wir können zu uns selbst, zu unserem Körper und zu dem, der wir sind nur dann eine liebevolle Beziehung aufbauen, wenn man uns diese von Anbeginn angedeihen lässt.
Leider bekommen wir diese einfühlsame, wertschätzende Zuwendung oft nicht ausreichend, nur teilweise oder gar nicht. Das hat viele Gründe und in der Regel immer, dass unsere Erziehungspersonen selbst fortwährend unter unverarbeiteten Traumata leiden, weil sie zum Beispiel Kriegserfahrungen gemacht oder selbst ein Elternteil früh verloren haben oder Opfer von (sexuellen) Gewalterfahrungen geworden sind. Die Gründe sind aber nur am Rande Fokus der Therapie.
Entscheidend sind die Kernüberzeugungen, die wir aus den Erfahrungen gezogen haben und die heute noch in uns wirken. Dies hat Folgen auf unser Nervensystem, auf unsere Gefühle, auf unser Immun- und unser Hormonsystem, auf unsere Selbstwahrnehmung und unseren Glauben an uns selbst. Unser Wille ist davon beeinflusst und nicht zuletzt unsere Identität.
Traumatische Erfahrungen
Als lebensbedrohlich erfahren wir vor allem Vernachlässigung, aber natürlich auch alle Formen der Übergriffe und Gewalt, und zwar nicht nur auf den eigenen Leib und die eigene Seele, sondern auch Übergriffe auf wesentliche Bindungspersonen oder die Geschwister.
Durch die ACE-Studie wurde erstmals der Zusammenhang zwischen Kindheitserfahrungen und Folgen für die Gesundheit im Alter erforscht. Bei den mehr als 17.000 befragten Teilnehmern korrelierte die Anzahl der schädigenden Erfahrungen mit einer erheblich erhöhten Wahrscheinlichkeit eine lebensverkürzende Krankheiten zu erleiden.
Hier können Sie sich die 10 Fragen über früh traumatisierende Erfahrungen und eine zusammengefasste Auswertung herunterladen.